Mittelerde erklärt: Die Drei Ringe

von Helmut W. Pesch

 

 

»Drei Ringe den Elbenkönigen hoch im Licht …«, so beginnt Der Herr der Ringe. Ihre Namen erscheinen freilich vollständig erst im Schlusskapitel des Romans, als Vilya, Narya und Nenya, nach den Elementen Luft, Feuer und Wasser. Damit erinnern sie an die drei Silmaril, die von Feanor geschaffenen heiligen Edelsteine des Ersten Zeitalters, von denen einer in den Lüften des Himmels, einer in den Feuern im Herzen der Welt und einer in der Tiefe des Meeres sein Ende fand.

Die Drei Ringe der Elben wurden im Zweiten Zeitalter von Celebrimbor, dem Enkel Feanors, geschmiedet. Anders als die Ringe der Menschen und Zwerge waren sie frei von Saurons Einfluss. Dennoch scheint der Eine Ring auch für sie eine Gefahr dargestellt zu haben, vor allem in der Verlockung der Macht, die von ihm ausging. Ihre Träger waren die Herrscher der drei letzten Elbenreiche: Galadriel erhielt ihren Ring direkt von Celebrimbor; die beiden anderen gingen an Círdan von den Grauen Anfurten und den Elbenkönig Gil-galad, der ihn an Elrond weitergab. Círdan reichte seinen Ring an Gandalf weiter, wie aus den Anhängen hervorgeht.

Gandalf erhielt den Ring des Feuers, was an sein Feuerwerk bei Bilbos Geburtstag denken lässt. Elrond trug den Ring der Luft, als Erbe seines Vaters Earendil, der mit seinem Silmaril als Stern durch die hohen Lüfte zog, und Galadriel mit ihrem Spiegelbecken den Ring des Wassers. Aber diese Zuordnung geschah eher im Nachhinein, und in der Geschichte wird nur einer von ihnen, nämlich Galadriels Ring, überhaupt erwähnt. Elrond, der über das Wasser des Flusses gebietet, trägt den Ring der Luft? Gandalf bekämpft den Balrog mit Schwert und Stab, obwohl er den Ring des Feuers trägt? So wichtig die Ringe erscheinen mögen, erscheinen sie doch merkwürdig irrelevant für die Handlung – und tatsächlich wurden sie von Tolkien erst bei der letzten Korrektur eingefügt, als der Roman bereits fertig war.

Tolkien bemerkte in einem Brief, dass die primäre Macht der Drei in der »Verhinderung und Verlangsamung des Verfalls« bestand. Damit hat es zumindest eine poetische Rechtfertigung, dass sie am Ende des Dritten Zeitalters ihre Kraft verloren.

 

 

Nachzulesen in

  • Der Herr der Ringe, Buch II, Kap. 7, und Buch VI, Kap. 9, sowie Anhang B.
  • Das Silmarillion, »Von den Ringen der Macht und dem Dritten Zeitalter«
  • Briefe, Nr. 131, 246.

 

 

Mittelerde erklärt: Sauron der Große

23. August 2022

Die Welt von J.R.R. Tolkien

23. August 2022