Wir haben für euch unsere Autorin Natasha Pulley interviewt!
Liebe Natasha, wir freuen uns sehr, dass „Der Uhrmacher in der Filigree Street“ im September bei uns erscheint. Kannst du kurz erzählen, worum es im Buch geht?
Ja, natürlich! Es geht um einen jungen Angestellten im britischen Staatsdienst in den 1880er Jahren. Eines Tages erhält er eine Bombendrohung in seinem Büro; und wenig später stellt er fest, dass jemand in seine Wohnung eingebrochen ist und ihm eine wunderschöne Taschenuhr hinterlassen hat, die sich nicht öffnen lässt. An dem Tag, an dem die Bomben explodieren sollen, geht die Uhr endlich auf – und rettet ihm das Leben. Das Buch handelt davon, was passiert, als er sich auf die Suche nach dem Uhrmacher macht.

Was würdest du sagen, mit welchem deiner Charaktere hast du am meisten gemeinsam?
Thaniel, ganz sicher. Er ist sehr arm, in einer ländlichen Gegend aufgewachsen, und obwohl er eine große Leidenschaft für Musik hat, kann er sie nicht nutzen; er landet bei einem sehr langweiligen Bürojob. Das ist mir auch passiert, bevor dieses Buch veröffentlicht wurde. Ich habe das Schreiben geliebt, aber es hat sich nie so angefühlt, als könnte ich darauf eine Karriere aufbauen, weil das für Leute, die von dort kommen, wo ich herkomme, einfach nicht möglich war.
Woher nimmst du die Inspiration für deine Bücher? Haben deine Zeit in Japan, Peru und China eine große Rolle beim Schreiben gespielt?
Ja! Aber es ist genau andersherum: Ich schreibe das Buch und dann gehe ich an den Ort und sehe, dass es anders ist als das, was ich ursprünglich geschrieben habe. Was dann folgt, ist eine lange Zeit der Korrekturen. Wenn es einen Leitsatz gibt, an den ich in Bezug auf das Schreiben wirklich glaube, dann ist es, dass man nicht nur das schreiben sollte, was man schon weiß, sondern das, was man herausfinden kann.
Wir sind alle jetzt schon absolute Katsu-Fans, wie bist du auf die Idee mit dem mechanischen Oktopus gekommen?
Ich wollte, dass Mori ein Haustier hat. Aber Mori ist manchmal ziemlich unruhig, und er traut sich nicht zu, sich um etwas zu kümmern, das tatsäch lich lebt; also musste es etwas Mechanisches sein. Es ist schwer, ein flauschiges Uhrwerk zu bauen, also musste es etwas aus Metall Erschaffenes sein. Oktopusse sind in Japan sehr wichtig, und ich liebe Oktopusse, also schien es mir die beste Lösung zu sein. Katsus Name bedeutet übrigens Victor; er ist nach Königin Victoria benannt.
Ohne zu spoilern, kannst du uns deine Lieblingsstelle im Buch verraten?
Mein Lieblingsteil, und auch der Teil, den ich zuerst geschrieben habe, ist das Kapitel, in dem Mori vergisst, wie man Klavier spielt. Wegen der Spoiler kann ich nicht mehr verraten…
Wolltest du schon immer Autorin werden? Was macht dir am meisten Spaß an deinem Beruf?
Ja und nein. Ich habe schon immer geschrieben, aber ich wusste nicht, dass man als Autorin seinen Lebensunterhalt verdienen kann. Ich dachte, das könnten nur reiche Leute, und als ich im Karriereführer meiner Universität nachschaute, war der Eintrag für „Autor/in“ extrem kurz und beschrieb im Wesentlichen, dass man das nicht in Betracht ziehen sollte, es sei denn, man wollte mittellos im Gästezimmer seiner Mutter sterben. Erst als mein Freund mir sagte, ich solle mir einen Masterstudiengang in kreativem Schreiben ansehen, wurde mir klar, dass ich es vielleicht tatsächlich schaffen könnte.
Am liebsten mag ich es, wenn ich eine brandneue Geschichte habe. Ich arbeite noch daran, wie die Dinge zusammenpassen und wer die Charaktere sind, und alles hat dieses herrlich zauberhafte Gefühl von Potenzial. Jedes Buch ist eine Chance, eine bessere Geschichte zu erzählen als das letzte, und dieses frühe Stadium ist großartig. Später verzweifle ich meist und denke darüber nach, mich in einem Brunnen zu ertränken.
Wenn du überall auf der Welt leben könntest, wo würdest du am liebsten hinziehen?
Schwere Frage! Ich weiß es nicht. Vor einer Weile wäre ich fast nach Hongkong gezogen und ich frage mich immer noch manchmal, was passiert wäre, wenn ich es getan hätte. Es ist ein großartiger Ort – wunderschön, mit exzellentem Essen und einer großartigen Unterstützung für die Kunst. Aber es ist auch sehr heiß und einen sehr langen Flug weg von meiner Familie.
Und zu guter Letzt: Gibt es etwas, was du während der Pandemie gerne erlebt hättest, oder worauf du dich am meisten freust, wenn sie (hoffentlich bald) vorbei ist?
Ich sollte die Hälfte des Jahres 2020 an einer Sprachschule in Moskau sein, und ich kam nie dazu. Ich warte immer noch. Ich habe ein Buch geschrieben, das in einer geheimen Nuklearanlage in der Sowjetunion spielt, aber mein Russisch ist wirklich schlecht und ich habe Angst, dass das Buch faul und schlecht recherchiert wirken wird. Das ist eines der Probleme, wenn man schreibt, was man herausfinden kann: Man muss die Dinge aus erster Hand recherchieren, wie es ein Wissenschaftler an einer Universität tun würde, aber wenn Dinge wie die Pandemie passieren, geht alles schief.
Ich bin immer noch fest entschlossen, nach Russland zu reisen. Moskau ist definitiv meine nächste große Reise. Jetzt muss ich nur noch die finanziellen Mittel dafür auftreiben…
Dear Natasha, we are very excited that „The Watchmaker of Filigree Street“ will be published in Germany this September. Can you briefly tell us what the book is about?
Of course! It’s about a young clerk in the British civil service in the 1880s. One day, he receives a bomb threat at his office; and not long later, he finds that someone has broken into his apartment, and left him a beautiful pocket watch that will not open. On the day the bombs are supposed to go off, the watch finally unlocks; and it saves his life. The book is about what happens when he goes looking for the watchmaker.
Which of your characters do you have the most in common with?
Thaniel, for sure. He’s born very poor, into rural poverty, and although he has a huge passion for music, he can’t use it; he ends up working in a very boring office job. That’s absolutely what happened to me too, before this book was published; I loved writing but it never felt like a thing I could make a career from, because that just didn’t happen to people who were from where I’m from.
Where do you get the inspiration for your books? Does your time in Japan, Peru and China play a big part in your writing?
Yes! But it’s the other way around: I write the book and then I go to the place and see how it’s different to what I wrote initially. What ensues is a long period of corrections. If there’s one guiding principle I really believe in with regard to writing, it’s that you should not write only what you know already, but what you can find out.
We are all big Katsu fans, how did you come up with the idea of the mechanical octopus?
I wanted Mori to have a pet. But Mori’s quite spacey sometimes, and he doesn’t trust himself to look after something that’s actually alive; so it needed to be something mechanical. It’s hard to do fluffy clockwork, so then it had to be something you could make out of metal. Octopuses are really important in Japan, and I love octopuses, so it seemed like the best way to go. Katsu’s name means Victor, by the way; he’s named after Queen Victoria.
Without too many spoilers, can you tell us your favorite part of the book?
My favourite part, and also the part I wrote first, is the chapter where Mori forgets how to play the piano. I can’t elaborate!
Did you always want to be a writer? What do you enjoy most about your job?
Yes and no. I always wrote, but I didn’t know it was possible to make a living as a writer. I thought only rich people could do that, and when I looked in the careers guide at my university, the entry for ‘author’ was extremely short and essentially said not to consider it unless you wanted to die penniless in your mother’s spare room. It wasn’t until my friend told me to look into a Creative Writing masters degree that I realized I might actually be able to do it.
My favourite part is when I’ve got a brand new story, I’m still working out how things should go together and who the characters are, and everything has that lovely zingy feeling of potential. Each book is a chance to tell a better story than the last one and that early stage is great. Later I usually despair and wonder about drowning in a well.
If you could live anywhere in the world, where would you move to?
Hard question! I don’t know. I almost moved to Hong Kong a while ago and I still wonder sometimes about what would have happened if I had. It’s a brilliant place — beautiful, with excellent food, and superb support for the arts. But very hot and a very long flight away from my family.
And last but not least: Is there anything you wish you had experienced during the pandemic but couldn’t? Or something you are really looking forward to when it is (hopefully) over soon?
I was supposed to be at a language school in Moscow for half of 2020, and I never got to go. I’m still waiting. I’ve written a book set in a secret nuclear facility in the Soviet Union, but my Russian is really bad and I’m terrified that the book is going to seem lazy and badly researched. That’s one of the problems of writing what you can find out: you have to research things first hand just like a scholar at a university would, but when things like the pandemic happen, it all goes wrong.
I’m still determined to get to Russia. Moscow is definitely my next big trip. Now all I need to do is get the funding to go…(!)
Zum Buch:
Sein Leben lief ab gleich einem Uhrwerk. Bis er dem Uhrmacher begegnete.
»Der Uhrmacher in der Filigree Street« erzählt eine mitreißende, phantastische Geschichte um eine rätselhafte Uhr und einen ebenso spektakulären wie unmöglich aufzuklärenden Bombenanschlag auf Scotland Yard. Das Buch nimmt die Lesenden mit auf eine Reise durch das viktorianische England und das Japan des 19. Jahrhunderts und es eröffnet Türen in eine ganz andere, seltsame und magische Vergangenheit.
London, Oktober 1883. Eines Abends kehrt Thaniel Steepleton, ein einfacher Angestellter im Innenministerium, in seine winzige Londoner Mietwohnung heim. Da findet er auf seinem Kopfkissen eine goldene Taschenuhr. Es ist ihm ein Rätsel, was es mit ihr auf sich hat. Sechs Monate später explodiert im Gebäude von Scotland Yard eine Bombe. Steepleton wurde gerade rechtzeitig gewarnt, weil seine Uhr ein Alarmsignal gab. Nun macht er sich auf die Suche nach dem Uhrmacher und findet Keita Mori, einen freundlichen, aber einsamen Mann aus Japan. So harmlos Mori auch scheint, eine Kette von unheimlichen Ereignissen deutet schon bald darauf hin, dass er etwas zu verbergen hat …
Über Natasha Pulley:
Natasha Pulley studierte in Oxford Englische Literatur. Nach Stationen im Buchhandel und bei der Cambridge University Press in den Bereichen Astronomie und Mathematik setzte sie ihre Studien in Tokyo fort. Sie erhielt ein Stipendium der Gladsone’s Library als Writer in Residence. Gegenwärtig hat sie Lehraufträge an den Universitäten von Bath und Cambridge. Ihr Debüt »The Watchmaker of Filigree Street« gewann den Betty Trask Award und wurde ein internationale Bestseller. Natasha Pulley lebt in Bath.
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